Architektenprofil: Bjarke Ingels Group

Claire Dove Claire Dove
VM HOUSES, BIG-BJARKE INGELS GROUP BIG-BJARKE INGELS GROUP Moderne Häuser
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Seit dem Beginn des neuen Jahrtausends hat die internationale zeitgenössische Architektur einen neuen Hauptakteur: den dänischen Architekten Bjarke Ingels. Zwischen 1998 und 2001 war Ingels für das international renommierte Office for Metropolitan Architecture (OMA) in Rotterdam tätig. Das OMA ist das Architekturbüro des niederländischen Architekten und Pritzker-Preisträgers Rem Koolhaas. 2001 gründete Ingels dann mit seinem belgischen Kollegen Julien de Smedt das Architekturbüro PLOT in Kopenhagen. Trotz der kurzen Existenz dieses Architekturbüros (2001 bis 2006) entstanden viele preisgekrönte Projekte, die unter anderem mit dem Goldenen Löwen der Biennale Venedig ausgezeichnet wurden (2004). Um an die Dynamik dieser fabelhaften Reihe von Erfolgen anzuknüpfen, gründete Ingels 2006 schließlich sein eigenes Architekturbüro, die Bjarke Ingels Group, die auch unter dem Akronym BIG bekannt ist.

Heute hat die Agentur Niederlassungen in Kopenhagen, New York sowie Peking und hat von dort aus einen unbestreitbaren Einfluss auf die zeitgenössische Architektur. Mittlerweile gibt es sogar mehr als 200 sogenannte BIGsters, eine Zusammenführung von Architekten, Designern und anderen kreativen Köpfen, die jedes Jahr dutzende herausragende Projekte weltweit entwerfen. Ihre Arbeit auf allen Ebenen – von Stadtplanung bis Möbeldesign – erlaubt es ihnen, für jegliches Problem eine Lösung zu finden. Auch die optimistische Firmenphilosophie von BIG spielt bei der kreativen Problemlösung eine große Rolle. Darauf deutet auch das Motto der Firma hin, das – in Anlehnung an Mies van der Rohes berühmten Slogan Less is MoreYes is More lautet. 

Heute wollen wir euch drei der herausragendsten Projekte des Stararchitekten Bjarke Ingels vorstellen. Diese Projekte markieren jeweils eine wichtige Entwicklung in seinem Schaffen und umspannen einen geografischen Rahmen von Kopenhagen bis nach Shanghai. 

VM Houses (Kopenhagen, 2006)

In den frühen 2000er Jahren entschied sich die Stadt Kopenhagen dazu, das Stadtviertel Ørestad, das seit 1992 als Planstadt konstruiert wird, um ein neuartiges Wohngebiet zu bereichern. Die Architekten Bjarke Ingels und Julien de Smedt arbeiteten zusammen, um das erste Wohnprojekt dieser Größenordnung für PLOT zu entwickeln.

Der Name VM Houses geht auf die besondere Form der Gebäude zurück, die an die Buchstaben V und M  erinnern. So wurde beispielsweise die Südfassade des V-Gebäudes über und über mit futuristisch anmutenden, V-förmigen Balkonen übersät. Diese sorgen nicht nur für eine geschütze Außenfläche für die Bewohner, sondern erlauben auch aufgrund des speziellen Designs ein Maximum an Sonneneinstrahlung für jeden einzelnen Balkon.

Architektonisches Vorbild

Das Projekt ist eine zeitgemäße Neuinterpretation der Wohneinheiten von Le Corbusier, der mit seinen berühmten Gebäuden unser Verständnis von Sozialwohnungen und Wohnarchitektur im Allgemeinen revolutioniert hat. Die Architekten wurden beispielsweise von den ineinandergreifenden Geometrien von Le Corbusiers Wohneinheiten beeinflusst. Wo Le Corbusier jedoch lediglich zwei verschiedene Wohnmodule anbot, wurden für dieses zeitgenössische Projekt über 80 verschiedene Variationen für die 230 Appartments erdacht. Die einzelnen Module sind wie Tetris-Klötzchen ineinander verschachtelt, der Gesamteffekt wirkt komplex und interessant. Die architektonische Vielfalt gibt jedem Bewohner einen individuellen Lebensraum und fördert die soziale Diversität innerhalb eines einzigen Gebäudes. So werden beispielsweise Familien, alleinstehende Berufstätige sowie Rentner gleichermaßen angezogen und leben gemeinsam unter einem großen Dach.

Erleuchteter Innenraum

Die Vision von Le Corbusier, der sich die Architekten von PLOT verbunden fühlten, hatte jedoch eine entscheidende Schwachstelle: den Mangel an natürlichem Licht im Innenbereich zwischen den Wohnungen. Daher konzipierten Smedt und Ingels kürzere Korridore und ließen große Fenster in die jeweiligen Enden ein. Des Weiteren wurden die Gänge, die auch zur sozialen Interaktion zwischen den Hausbewohnern anregen sollen, mit farbigen Leuchten gestaltet. Jede Ebene hat dabei eine unterschiedliche Farbgestaltung, so soll das Gemeinschaftsgefühl gestärkt werden. Zusätzlich dazu wurden einzelne Alkoven mit schnittigen Fahrrädern dekoriert, so entstand eine futuristische, stilsichere Atmosphäre die die Gänge belebt. 

Dänischer Pavillon auf der Expo (Shanghai, 2010)

In 2010 strömten Besucher aus aller Welt auf die Weltausstellung in Shanghai. Wie traditionell festgelegt, designte auch in diesem Jahr jedes Land seinen eigenen Pavillon, in dem die kulturellen Erbschaften des jeweilien Landes sowie neue Entwicklungen präsentiert wurden. Den Wettbewerb um das Design des dänischen Pavillons gewannen 2010 Bjarke Ingels und sein Team. Dieses einzigartige Projekt besticht durch seine ungewöhnliche Formgebung und wurde so zu dem herausragenden Projekt, das den dänischen Architekten endgültig zum weltbekannten Akteur der zeitgenössischen Architektur machte.

Ein besonderes Erlebnis

Der Pavillon besteht aus einer offenen Fläche von 3.000 Quadratmetern Fläche und wurde in der Form einer Endlosschleife, die an ein Möbiusband erinnert, konzipiert. Diese Endlosschleife verbirgt einen Pool von Wasser, der dem Gebäude zu einer kühlen Atmosphäre – selbst im Herzen der chinesischen Großstadt – verhilft.

Das Ziel des Architekten war es, den Besuchern des dänischen Pavillons ein einzigartiges Raumerlebnis zu verschaffen, das an die lebendige Atmosphäre der Hauptstadt Kopenhagen erinnern soll. Nicht nur im Gehen konnten die Besucher die gewundene Struktur des Pavillons nachempfinden, auch mit den 1.500 zur Verfügung gestellten Fahrrädern konnte das Bauwerk stilecht dänisch erkundet werden.

Die kleine Meerjungfrau

Der Pool im Zentrum des Pavillons wurde mit Wasser direkt aus dem Kopenhagener Hafen gefüllt. Die Besucher konnten in dem Wasser baden oder einfach nur die Augen schließen und den unverkennbaren Meeresduft der dänischen Metropole einatmen. Zugleich war das strahlend blaue Nass eine kraftvolle Erinnerung daran, sich den Wert des Wasser als knappe natürliche Ressource vor Augen zu halten.

Im absoluten Mittelpunkt des Pavillons, mitten im Pool, wurde die kleine Meerjungfrau, das Wahrzeichen Kopenhagens, auf ihrem ikonischen Felsen aufgestellt. 

Nationales Schifffahrtsmuseum Dänemark (Helsingør, 2013)

Vor knapp einem Jahr eröffnete das neue Nationale Schifffahrtsmuseum Dänemarks in Helsingør seine Pforten. Von der Straße aus ist das eindrucksvolle Museum dabei kaum erkenntlich; nur nachts erstrahlt der Eingang hell. Das liegt daran, dass das Projekt komplett unterirdisch um einen alten Trockendock herum realisiert wurde. Diese Lage erlaubte es Ingels, ein einzigartiges zeitgenössisches Gebäude zu erschaffen, ohne grundlegend in die bestehende Landschaft einzugreifen. 

Verborgene Schätze

Im Inneren des unterirdischen Baus erleben wir eine echte Überraschung, denn hier ist alles hell, geräumig und offen. Bei der Konzeption des Schifffahrtsmuseums wurde auf einen einfachen, klar strukturierten Grundriss Wert gelegt. Am Rand der Struktur finden wir die Ausstellungsräume, die durch ihre unterirdische Lage spektakuläre Umgebungen schaffen. In der Mitte des Gebäudes befindet sich ein großer Raum, der das Café beherbergt. Über drei Glasbrücken sind zudem weitere Räume wie das Amphitheater erreichbar. Dieser zentrale, offene Raum verbindet die einzelnen Bereiche und vereinheitlicht so das gesamte Projekt. 

Amphitheater

Das schöne offene Amphitheater ist auf diesem Bild in das warme Licht der Nachmittagssonne getaucht. Der Raum macht sich den schrägen Durchgang zunutze, um die Stühle auf der Tribüne scheinbar nahtlos zu installieren. 

Das Trockendock

Das Trockendock wurde seit nummehr 60 Jahren unberührt gelassen - wenn man das goldene Licht, das von dem Museum ausgeht, nicht mitzählt. So wurde diese Struktur als ein Andenken an eine große industrielle Vergangenheit erhalten. Es entsteht eine besondere Schönheit durch den Kontrast zwischen dem rauen und texturierten Aussehen der ursprünglichen Gebäude und der glatten und glänzenden Oberflächen des neuen Projekts. Ein Dialog zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart entsteht, der in unserer heutigen Zeit, in der unsere Städte immer dichter bevökert werden und historische Gebäude oft keinen Platz mehr finden, wichtiger denn je ist. 

Wir können nur hoffen, dass die Arbeit von Bjarke Ingels und seinem Architekturbüro BIG den Weg für eine neue Generation von Architekten ebnen wird, die einen utopischen Geist besitzen und ihre Träume gekonnt umsetzen können.

Kanntet ihr schon die Arbeit dieses talentierten Architekten?

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